Neues aus Vietnam

Vietnam galt lange als Hoffnungsträger des internationalen Edelsteinhandels doch hohe Preise, die Durchdringung der lokalen Märkte mit Synthesen und nicht zuletzt die spektakulären Neufunde in Madagaskar ließen es nach kurzer Zeit wieder still werden um die sozialistische Volksrepublik. Nun versuchen einige engagierte Minenbetreiber und Händler ein Comeback.

Mitte der 90er Jahre herrschte Katerstimmung unter Rubinhändlern. Sri Lanka lieferte kaum noch gute Steine, Burma-Rubine wurden immer teurer, Nachschub aus Pailin/Kambodscha war aufgrund des anhaltenden Bürgerkriegs und einer besonders bösartigen Form der Malaria nur unter Lebensgefahr zu bekommen, Thai-Rubine fand man nur in eher mittelprächtigen Farben, das gleiche galt für Rubine aus Ostafrika und die madagassischen Vorkommen waren noch nicht entdeckt.

Da tauchte plötzlich Vietnam als Lieferant feiner Rubine und rosa Saphire auf. Die Händler, allen voran die Thais, schöpften Hoffnung und pilgerten scharenweise nach Hanoi. Leider stellte sich sehr rasch heraus, dass die Geschäftsanbahnung alles andere als einfach war.

Der offizielle Weg: Bürokratie und Marktwirtschaft

Die Vietnamesen hatten ihre eigenen Vorstellungen von Marktwirtschaft und diese waren mit dem Rest der Welt schlicht inkompatibel.

Der Autor dieser Zeilen weiß, wovon er spricht. Ich war damals selbst mit einer staatlichen Firma in Hanoi in Verhandlung, die auf der Suche nach einem Generalvertreter für den deutschsprachigen Raum an mich herangetreten war. Nachdem ich einige Muster gesehen und mein heftiges Interesse bekundet hatte, begann ein Papierkrieg, der selbst einem gelernten Österreicher die Tränen in die Augen trieb. Wahre Vertragsmonster in deutscher, vietnamesischer und englischer Version wurden mehrmals um die halbe Welt geschickt. Im Februar war die Rede davon, dass mich meine neuen Partner im Oktober besuchen kommen sollten. Im Jänner darauf bestieg ich ein Flugzeug und machte mich selbst auf den Weg, gültige Verträge hin oder her…

In Hanoi angekommen, wurde ich vom Generaldirektor abwärts einem Heer von strammen Bürokraten vorgestellt. Schließlich wurde mir die Ware, größtenteils Rubine von wenig aufregender Qualität und in beklagenswert geringer Menge, vorgelegt. Als mir, dem prospektiven Generalvertreter, Preise genannt wurden, die um durchschnittlich das fünf- bis zehnfache über meinen Vorstellungen lagen (z.B. 140 USD pro Carat für 2-3mm große Steine bei Abnahme der gesamten 500cts einer Partie, deren beste 10% ich in Bangkok an jeder Straßenecke um höchstens 80 Dollar kaufen konnte), dachte ich mir noch nichts dabei. Als alter Hase im Handeln mit indischen Verkäufern schreckt einen dies nicht.

Als mir aber nach einstündiger Diskussion großzügige 10% Rabatt mit dem Hinweis, ich könnte die Steine doch in Europa um 140 Dollar leicht verkaufen, eingeräumt wurde, war ich doch den Tränen wieder nah.

Der inoffizielle Weg: unbürokratisch und runiös

Meine thailändischen Kollegen taten sich das alles nicht an, fuhren gleich zu den Fundstellen in die Berge und schmuggelten die Steine nach Bangkok. Anfangs lief das Geschäft glänzend. Bald jedoch fanden die Vietnamesen erstens nicht mehr genügend Steine für die vielen Abnehmer und zweitens, dass man mit Synthesen viel leichter Geld verdienen konnte. Als sich schließlich herumsprach, dass einige der großen Händler um jeweils hoch fünfstellige (Euro-!) Beträge geschickt bearbeitete Rohsteine direkt ab Mine gekauft hatten, kam der Rubin-Tourismus zu einem ziemlich abrupten Stillstand…

Der Neustart

In letzter Zeit werden von vietnamesischen Händlern im Land selbst, aber auch in Thailand und den USA wieder vermehrt vietnamesische Steine, diesmal hauptsächlich rote und rosa Spinelle, sowie einige Rubine und sehr schöne rosarote Sternsaphire und –Rubine in roher als auch geschliffener Form angeboten. Die Qualität der Ware ist teilweise beachtlich, die verlangten Preise allerdings auch.

Einige Beispiele:
Spinell, hellrosa, kleine Einschlüsse, 2.87cts, USD 550/ct
Spinell, dunkelrot, sehr kleine Einschlüsse, 3.80cts, USD 820/ct
Spinell, rot (zu dunkel), hohe Reinheit, 8.28cts, USD 800/ct
Sternsaphir, rosa, guter Stern, zoniert, 1.06cts, USD 600/ct

Da die Verkäufer nach wie vor nicht zwischen Groß- und Detailhandel unterscheiden und sich das Interesse der Händler daher in Grenzen hält, versuchen sie nun, die Steine auf internationalen Messen bzw. über das Internetz direkt zu verkaufen.

Viel Glück!