Edelsteinbetrug Teil 4 - Indien

Dies ist die Fortsetzung einer Reihe von Artikeln zum Thema Edelsteinbetrug, die wir 2008 veröffentlicht haben.

In Teil 1 berichteten wir über die relativ plumpe Art des Betrugs in Indien, bei der ahnungslose Touristen von Taxi- oder Rikshafahrern in Juwelierläden oder die Büros von Edelsteinhändlern abgeschleppt werden, wo ihnen dann unter Versprechung hoher und vor allem ohne Risiko zu erzielender Gewinne, Steine zu völlig überhöhten Preisen angedreht werden.

Es gibt allerdings auch viel subtilere und, wie zu befürchten steht, lukrativere Arten des Betrugs. Die Hochburgen dieser psychologisch sehr ausgeklügelten Betrugsmaschen sind Agra, Delhi, Mumbai (Bombay) und Jaipur.

Die Geschichten, die dem Opfer aufgetischt werden, mögen variieren aber einige Elemente dieser Masche bleiben immer gleich.

Die Betrüger gewinnen das Vertrauen des Opfers, wozu sie sich lange Zeit nehmen.

Das Opfer wird gebeten, zumeist gegen Entgelt, bei einer geschäftlichen Transaktion behilflich zu sein.

Die Transaktion klappt nicht, dem Opfer werden lange Gerichtsverfahren, Gefängnis und Geldstrafe in Aussicht gestellt und es bedarf einer Zahlung in beträchtlicher Höhe, um die Angelegenheit zu bereinigen.

Folgender Fall, der im Wesentlichen genau so passierte, möge als Beispiel dienen.

Ein ausgesprochen freundlicher Einheimischer spricht unter irgendeinem harmlosen Vorwand einen Touristen an. Dieser ist oft genug freudig überrascht, endlich einen netten Menschen kennenzulernen, der ihm nichts verkaufen will, ihn nicht anbettelt und auch sonst keinen Versuch macht, an sein Geld zu kommen.

Der Inder ist stets hilfsbereit und hat eine Menge guter Tipps auf Lager, die dem von Indien gestressten Touristen das Leben erleichtern. Kurz und gut, die beiden werden Freunde, der Inder lädt den Touristen zum Essen mit anderen Freunden ein und dieser ist froh, endlich Kontakt zu Einheimischen und so Einblick in das wahre Indien zu bekommen.

Nach einigen Tagen kommen die neuen indischen Freunde dann zur Sache und bitten das Opfer um einen kleinen Gefallen, der aber selbstverständlich nicht unbelohnt bleiben soll.

Einer der Freunde entpuppt sich als Edelsteinhändler, der einige Steine an einen Kunden in Europa schicken muss. Um die Steuer zu umgehen, soll der Tourist, der dies steuerfrei tun kann, die Steine in seinem Namen schicken. Die Sache sei selbstverständlich legal, risikolos und zudem mit einer lukrativen Prämie verbunden.

Erstaunlich viele, vor allem junge Reisende mit schmalem Budget, lassen sich darauf ein. Die Edelsteine werden vor ihren Augen verpackt und gemeinsam geht es zum Postamt, wo die Sendung wie versprochen problemlos mit dem Namen des Opfers als Absender aufgegeben wird. Die indischen Freunde erklären die Transaktion für erfolgreich erledigt und der Tourist freut sich über die vermeintlich leicht verdiente Prämie.

Als er diese allerdings am nächsten Tag kassieren will, wird er mit unangenehmen Neuigkeiten konfrontiert. Leider sei die Sendung beschlagnahmt worden. Der Zoll hätte nämlich festgestellt, dass die Steine deutlich unterfakturiert seien, der tatsächliche Wert der Steine übersteige den angegebenen Wert um ein mehrfaches. Damit sei der Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt und dem Absender drohe ein Finanzstrafverfahren, der Einzug des Reisepasses bis zum Abschluss des Verfahrens, was Monate dauern könne, sowie eine empfindliche Geldstrafe.

Gott sei Dank wissen die indischen Freunde, denen dies natürlich unendlich leid tut, Abhilfe. Mit ausreichend Bakschisch, meist mehrere tausend Euro, sei die Angelegenheit aus der Welt zu schaffen. Davon, dass dies ja wohl ihre Sache sei, wollen sie natürlich nichts wissen. Wenn das Opfer sich gegen die Bezahlung wehrt, wird der Druck solange erhöht, bis es schließlich in Begleitung der indischen "Freunde" zur Bank geht. Die Möglichkeiten sind vielfältig und reichen von bloßen Telefonaten mit dem falschen Zollbeamten, über das plötzliche Auftauchen falscher Zollfahnder und/oder Polizei in Zivil bis zur Androhung oder sogar Ausübung körperlicher Gewalt.

Als erfahrener Indienreisende - wir bereisen das Land seit 1984 und alle Aufenthalte zusammengezählt, kommen wir auf mehrere Jahre in Indien – können wir Reisenden nur folgenden Rat geben: wenn ein Tourist in Indien von Einheimischen angesprochen wird, so geht es, vor allem im Norden des Landes, so gut wie immer um Geld.

Wenn der freundliche Inder rasch zur Sache kommt, ist der Betrag, um den der Angesprochene erleichtert werden soll, sehr klein, zumeist nur wenige Rupien.

Je länger die Anbahnungszeit, desto teurer wird es…