Edelsteinbetrug Teil 1 - Indien

Ein Methodenvergleich


autoscooter

In Indien und Thailand brechen die heißesten Monate des Jahres an. Die Hauptreisezeit geht dem Ende zu und in Kürze werden die Opfer der Edelsteinbetrüger wieder bei uns vorstellig werden, um ihre vermeintlichen Schätze zu verkaufen.

Interessanterweise und entgegen herkömmlicher Meinung besteht die größte Gefahr, wenn Touristen Edelsteine kaufen, nicht darin, dass sie Synthesen angedreht bekommen. Zumeist werden die ebenso gutgläubigen wie ahnungslosen Käufer beim Preis und/oder der Qualität gnadenlos über den Tisch gezogen.

Uns obliegt dann die undankbare Aufgabe, den Leuten zu erklären, dass sie die Steine beim heimischen Juwelier um die Hälfte erwerben hätten können oder dass der Preis zwar durchaus in Ordnung ist, sich jedoch aufgrund der schauderbaren Qualität im gesamten westlichen Kulturkreis kein Käufer finden wird.

Die Methoden, mit denen Betrüger in Indien und Thailand vorgehen, sind unterschiedlich und verdienen durchaus nähere Betrachtung.

Beginnen wir in Indien, genauer gesagt in Rajasthan. Jaipur, die malerische Hauptstadt dieses indischen Bundesstaates ist nicht nur ein Touristenmagnet, sondern auch ein Zentrum der Edelsteinindustrie. So gut wie jeder Reisende, der dort ein Taxi, einen Scooter (das indische Äquivalent zu den berühmten thailändischen Tuk-Tuks) oder eine Rikscha besteigt, wird vom Fahrer zuerst in das Haus seines Onkels auf eine Tasse Tee eingeladen. Das vermeintliche Familienanwesen entpuppt sich dann unweigerlich als Teppichgeschäft, Juwelier oder eben das Büro eines Edelsteinhändlers.

Das System funktioniert seit Jahrzehnten: der Fahrer schleppt die Fahrgäste in den Laden und bekommt dafür bereits eine kleine Provision. Nun hängt alles am Geschick des Verkäufers. Gelingt es diesem, die Touristen zum Kauf zu animieren, so wird eine zweite, größere Provision fällig.

Die Argumente sind dabei immer gleich. Ob es sich um Luxusreisende oder Rucksacktouristen handelt, immer werden fantastische Gewinne von mehreren hundert Prozent versprochen. Das Geschäft wird als völlig risikolos dargestellt und zur Untermauerung werden dem Käufer Adressen von Händlern in seiner Heimat genannt, die die Steine um den mindestens doppelten Preis sofort kaufen werden.

Bisweilen wird so getan, als bräuchten der indische Lieferant und sein europäischer Kunde nur einen Kurier, der die Ware gegen hohe Provision steuerschonend durch den Zoll transportiert. Das Opfer muss also die Steine gar nicht selbst kaufen, sondern lediglich eine (geschmalzene) Kaution hinterlegen…

Bei uns sind tatsächlich schon Indienheimkehrer mit unserer Visitenkarte und den Worten "Ich bringe Ihnen Ihre Steine" aufgetaucht.

Auf die Idee, dass Edelsteine zollfrei sind, die Einfuhr-Umsatzsteuer eine Vorsteuer ist und der Transport per Post viel billiger ist, kommt scheinbar niemand.