Ruby Tuesday

Heuchlerischer Unfug oder eine notwendige Maßnahme zur Rettung der Welt? Seit Dienstag, dem 29. Juli 2008, ist der sogenannte Tom Lantos Block Burmese JADE (Junta's Anti-Democratic Efforts) Act of 2008 in Kraft, der die Einfuhr burmesischer Rubine und Jade in die USA nunmehr gänzlich verbietet.



Amerika hat also wieder einmal beschlossen, die Welt von einer bösen Diktatur zu befreien. Durch ein lückenloses Einfuhrverbot burmesischer Rubine und Jade soll die dortige Militärjunta, die sich 1997 in SPDC (State Peace and Development Council, also Staatsrat für Frieden und Entwicklung) umbenannte, ihrer Einkünfte beraubt und so in die Knie gezwungen werden.

Ich persönlich halte ja den früheren Namen des Regimes, State Law and Order Restoration Council (Staatsrat für die Wiederherstellung von Recht und Ordnung) für onomatopoetisch deutlich treffsicherer. Das lautmalerische SLORC spiegelte die Meinung der lokalen Bevölkerung über ihre Regierung doch wesentlich besser wieder, als das nichtssagende SPDC. Aber das nur nebenbei.

Auch nur nebenbei seien einige Marginalien zur Figur des Betreibers und Namenspatrons des neuen Gesetzes gestattet.

Tom Lantos war von 1981 bis zu seinem Tod im Februar 2008 Kongressabgeordneter und mitverantwortlich dafür, dass im Oktober 1990 eine nachweislich falsche Zeugin vor dem Kongress Aussagen über Gräueltaten irakischer Soldaten in einem kuwaitischen Kinderspital machen konnte.

Die angebliche Krankenschwester entpuppte sich später als Tochter des kuwaitischen Botschafters, die zum angegebenen Zeitpunkt gar nicht in dem betroffenen Spital war.

Von einer ehemaligen FBI Mitarbeiterin mit Namen Sibel Edmonds wurde Tom Lantos zusammen mit anderen hochrangigen Offiziellen im Zusammenhang mit dem illegalen Handel mit Drogen, Waffen und Nukleartechnologie, sowie Terrorismus und Geldwäsche genannt. Sibel Edmonds klagte das FBI wegen der ihrer Meinung nach ungerechtfertigten Entlassung aus dem Dienst. Das Verfahren wurde unter Hinweis auf die nationale Sicherheit (State Secret Privilege) niedergeschlagen…


Worum es geht

Das neue Gesetz ist eine Ergänzung des Burmese Freedom and Democracy Act of 2003. Demnach durften bereits seit 2003 weder Jade noch Rubine direkt aus Burma in die USA importiert werden. Diese Vorschrift erwies sich zumindest bei Rubinen als ziemlich zahnlos, werden doch die allermeisten Burma-Rubine in Thailand geschliffen und verarbeitet und von dort exportiert.

Seit Juli ist nun dieses Schlupfloch geschlossen. Wer jetzt Rubine in die USA importieren will, muss mit einem Zertifikat nachweisen, dass diese nicht aus Burma stammen. Ganz abgesehen davon, dass sich nun die Frage stellt, ob amerikanische Zöllner tatsächlich das nötige Fachwissen und die Ausrüstung haben, um die Richtigkeit der Herkunftsangaben in den Gutachten zu verifizieren, oder ob das GIA (Gemological Institute of America) nun Zweigstellen auf allen internationalen Flughäfen eröffnet, geht der Boykott auch von sehr strittigen (und in den Augen vieler maßgeblicher Kapazitäten im internationalen Edelsteinhandel sogar völlig falschen) Annahmen aus.

Entgegen amerikanischer Meinung sind die Rubinminen Burmas überwiegend in privater Hand. Die meisten Rubine gelangen über verschlungene Wege nach Thailand. Die Transportrouten führen oft durch von Rebellen kontrollierte Gebiete, die so direkt von den Weggebühren profitieren.

Angaben, die Junta verdiene $ 300 Millionen pro Jahr mit Edelsteinauktionen, sind weit überzogen. Tatsächlich stammen viele der zur Versteigerung gebrachten Steine von privaten Firmen. Die Junta kassiert zwar 10% des Erlöses, dies aber zu einer der Haupteinnahmequellen des Regimes hochzureden, ist glatter Unfug.

So herrscht in der Branche auch die Meinung vor, dass ein Boykott vor allem die kleinen Leute träfe und unzählige Mineure, Schleifer, Händler und Transporteure ihrer Existenzgrundlage entzogen wären. Oder glaubt irgendjemand ernsthaft, die Militärmachthaber könnten es sich nicht richten? Zumal Burma ja noch über ganz andere Ressourcen verfügt, über deren Boykott niemand redet.

Abgesehen von anderen Edelsteinen wie z.B. Peridot, Saphir, Spinell u.a. wären da nämlich noch 80% der Welt-Teakholzreserven und nicht zu unterschätzende Vorkommen von Kupfer, Zinn, Tungsten, Antimon, Blei sowie, last but not least, Erdgas, Erdöl und Kohle.

Apropos Erdgas: der US Energiekonzern Chevron hält 28% der Anteile an Burmas Erdgasfeld Yanada. Das Handelsvolumen von Erdgas und –Öl ist im Jahr 2007 um 300% gewachsen und beträgt gegenwärtig ungefähr das Zehnfache des Edelsteinhandels.

In Artikel 15 des neuen Gesetzes werden aber amerikanische Investitionen in die Yanada Pipeline ausdrücklich von den Sanktionen gegen das burmesische Regime ausgenommen. Es wird lediglich festgehalten, dass US Firmen "es so weit als möglich vermeiden sollten, in einer Art und Weise zu handeln, die repressive Regimes wie die burmesische Regierung unterstützt".

Ein Schelm, wer schlechtes dabei denkt, oder, wie ein Witzbold einmal anmerkte: "Pluralismus bedeutet in den USA, dass Präsident und Vizepräsident aus verschiedenen Ölgesellschaften kommen."

Die Zukunft des Rubinhandels

Angesichts des derzeit ca. 90%igen Weltmarktanteils von Burma-Rubinen und der Tatsache, dass es viel zu wenige Rubine aus anderen Lagerstätten gibt, die Burma-Rubinen qualitativ das Wasser reichen können, wage ich folgende Prognosen:

- die burmesischen Rubinminen werden den Betrieb nicht einstellen

- Burma-Rubine werden weiterhin ihren Weg nach Thailand und, in geringerem Ausmaß, nach China finden

- in kurzer Zeit wird man feststellen, dass die Menge der Rubine, die laut Zertifikat aus anderen Ländern als Burma stammen, die tatsächlich in diesen Ländern geförderte Menge an Rubinen beträchtlich übersteigt

- besonders der Export von Rubinen aus Vietnam wird dramatisch ansteigen, da aufgrund der sehr ähnlichen Geologie Burmas und Vietnams die Steine kaum zu unterscheiden sind

- thailändische, indische, ceylonesische und chinesische Rohmaterialhändler werden sich um Rubine aus nicht-burmesischen Lagerstätten streiten

- die Konkurrenz unter den Händlern sowie die nötige Zertifizierung werden die Rubinpreise steigen lassen

In Thailand, das heuer Edelsteine und Schmuck im Wert von 4.5 Milliarden Euro, davon mehr als 19% in die USA, exportierte, macht man sich bereits ernsthafte Sorgen. Was das Embargo für den thailändischen Arbeitsmarkt bedeuten wird, bleibt abzuwarten.