Kaufen Sie auch Edelsteine?

Man hat's nicht leicht als Edelsteinhändler, wie langjährige Leser dieser Kolumne ja wissen.

Beinahe täglich rufen uns Leute an, die wissen wollen, ob wir auch Steine ankaufen.

Zumeist handelt es sich um Edelsteine, die in der Hoffnung auf schnellen Gewinn im Urlaub gekauft wurden. In so gut wie jedem einzelnen Fall fällt uns dann die undankbare Aufgabe zu, den Leuten beizubringen, dass Sie die Steine im Heimatland billiger hätten erwerben können, dass ihnen absolut unverkäufliche "Qualität" angedreht wurde oder, oft genug, beides.

Gelegentlich melden sich auch Personen, die in fernen Ländern Kontakt zu Edelsteinhändlern gefunden haben und nun glauben, dies wäre die alleinnotwendige Voraussetzung für eine Karriere im internationalen Edelsteinhandel. Dabei handelt es sich zumeist um Auswanderer, Angestellte großer Konzerne oder um Mitarbeiter von Hilfsorganisationen in Ländern wie z.B. Afghanistan.

Vor kurzem wollte so jemand unbedingt mit brasilianischen Smaragden mit uns ins Geschäft kommen. Der Mann versprach, uns mit Steinen feinster Qualität beliefern zu können. Zum Beweis schickte er einige Fotos eines Häufchens Smaragd und meinte, er würde uns mit den Steinen besuchen kommen. Damit sich die teure Europareise aber auch rechnet, sollten wir ihm Adressen von Goldschmieden und Juwelieren nennen, wo er seine Smaragde verkaufen könnte.
Wir merkten an, er könne schwerlich erwarten, dass wir ihm dabei helfen, direkt an unsere Kunden zu verkaufen. Der gute Mann zeigte durchaus Verständnis für unsere Haltung und meinte, er würde gerne auch nur uns beliefern, allerdings müssten wir ihm garantieren, bei seinem Besuch Ware im Wert von mindestens zwei Millionen Dollar abzukaufen...

Den Vogel schoss allerdings ein junger Mann ab, der uns kürzlich in unserem Büro aufsuchte und meinte, er hätte erstklassige Steine, ebenfalls aus Brasilien, zu verkaufen. Die Steine hatte er leider nicht dabei, da diese in einer Bank in Lissabon im Safe lagerten. Er könne uns jedoch Fotos zeigen.

Sprach's, klappte sein Notebook auf und zeigte uns ein halbes Dutzend der schlechtesten Edelsteinfotos, die wir je gesehen hatten. Gerade noch zu erkennen waren ein paar dunkelgrüne und braunrote, schlampig geschliffene Turmaline, drei oder vier große, sehr blasse Aquamarine sowie ein Säckchen mit Granatrohware.

Der junge Mann konnte uns leider weder sagen, um welche Menge es sich insgesamt handelte, noch, was die Steine kosten sollten. Gleichzeitig versicherte er uns aber wortreich, dass das selbstverständlich seriöse Geschäft über einen Anwalt in Portugal abgewickelt würde. Den Besitzer der Steine kenne er leider nicht, dieser wollte nämlich nicht genannt werden.

Als wir anmerkten, dass wir selbst Steine von feiner Qualität in der Regel nicht kaufen würden, ohne Nebensächlichkeiten wie Menge und Preis zu kennen, packte der junge Mann sein Notebook wieder ein und verließ uns mit den Worten, dann würde er eben an einen Juwelier aus Dubai verkaufen, der extra nach Wien geflogen käme, um von ihm Diamanten zu kaufen...