Caveat emptor

Nach langer Zeit habe ich mir wieder einmal angesehen, was so an Edelsteinen in unser aller Lieblings-Online-Auktionshaus angeboten wird.

Früher tat ich dies, wenn ich trüber Laune war. Die Beschreibungen der angebotenen Edelsteine trieben jedem Kundigen garantiert Lachtränen ins Gesicht (siehe dazu den Artikel "Lachen ist ja bekanntlich gesund" aus 2005).

Nun, das Geschwurbel, mit dem Edelsteine in Auktionen angepriesen werden, hat zwar, dank diverser Online-Übersetzungswerkzeuge, noch immer hohen Unterhaltungswert, aber bei genauerer Überlegung schwillt mir dann doch die Zornesader.

So werden von einigen Anbietern nach wie vor Steine minderster Qualität mit nahezu atemberaubender Chuzpe schöngeredet. Da wird aus einem völlig undurchsichtigen, auf den ersten Blick als künstlich gefärbt erkennbaren Korund ein unbehandelter "Super Saphir" von "traumhafter Farbe" mit lediglich kleinen Einschlüssen.

Aber gut, immerhin gibt es Fotos der Steine, die den Beschreibungen so eklatant widersprechen, dass man argumentieren könnte, wer einen solchen undurchsichtigen Saphir dennoch kauft bzw. ersteigert, der hat die Beschreibung entweder nicht gelesen oder es ist ihm egal, dass der Stein eben nicht augenrein ist.

Eine altbekannte Masche ist auch die Angabe von völlig absurden Werten. Allerdings haben manche Anbieter den Trick etwas verfeinert. So wird z.B. der Wert eines 12-karätigen Rauchquarzes mit € 1.490,00 und der eines 7-karätigen Amethyst Cabochons mit € 1.090,00 beziffert. Im Text heißt es, um diese Preise könne man die Steine per Sofortkauf erwerben, obwohl bei der Auktion mit Startpreis € 1,00 die Option "sofort kaufen" gar nicht angeboten wird. Hier wird darauf spekuliert, dass sich der Käufer denkt, mit etwas Glück könne er den Stein um wenige Dutzend Euro ersteigern und selbst wenn der angegebene Wert als überhöht erscheint, bei einem Kaufpreis von lediglich € 120,00 kann ja nichts schiefgehen, oder?

Aber gut, könnte man auch hier sagen, schließlich hätte sich der Käufer über den tatsächlichen Wert der Steine besser informieren können. In unseren vernetzten Zeiten braucht man dazu ja nicht einmal den Platz vor dem Bildschirm zu verlassen.

Ebenfalls nicht Neues ist die Tatsache, dass massiv manipulierte Steine als unbehandelt und "natürlich" deklariert werden. So fand ich dutzende Angebote von "Mystic Topas", rotem Topas und "Aqua Blau Quarz" und bei keinem einzigen wird erwähnt, dass die Farbe durch Bedampfen künstlich erzeugt wurde und mit dem Finernagel abgekratzt werden kann. Topase der Farbe "London Blue" werden als "nicht hitzebehandelt" bezeichnet, was sogar der Wahrheit entspricht, wird die Farbe doch durch Bestrahlung und nicht durch Erhitzen erzeugt...

Wirklich ärgerlich ist eine Masche, mit der synthetische Steine an den Mann gebracht werden sollen. Zwar gibt es auch eine gutgefüllte Rubrik "synthetische Steine" aber erschreckend oft finden sich unter den natürlichen Steinen Synthesen mit Bezeichnungen wie "TOP FI AMETHYST".
Sie fragen sich vielleicht, was "FI" bedeutet? Das Kürzel steht für "Fianit", der allerersten Handelsbezeichnung für Zirkonia, also kubisch stabilisiertem Zirconiumoxid, eine synthetische Diamantimitation, die erstmals 1937 im physikalischen Institut der russischen Akademie der Wissenschaften "FIAN" hergestellt wurde.

Langer Rede kurzer Sinn: im deutschen Recht gibt es den Grundsatz culpa in contrahendo (Verschulden bei Vertragsschluss), wonach der Veräußerer bereits eine vorvertragliche Aufklärungs- und Sorgfaltspflicht hat. Bei Online-Auktionen gilt aber offenbar noch der alte angelsächsische Grundsatz caveat emptor, der Käufer möge sich hüten…